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Bundesweite Repression gegen Antifaschist*innen

Posted: Januar 11th, 2021 | Author: | Filed under: Uncategorized | No Comments »

Das Jahr 2020 war geprägt durch einen Anstieg rassistischer Übergriffe, dem fast wöchentlich Bekanntwerden neuer extrem rechter Strukturen innerhalb der Polizei und weiteren Verbindungen zwischen organisierter Neonaziszene und den deutschen Sicherheitsbehörden und erreichte als traurigen Höhepunkt den rassistischen Mord an neun Menschen in Hanau. Während staatliche Stellen alles Erdenkliche unternahmen um extrem rechte und neonazistische Gewalt zu verharmlosen, holte die Justiz gleichzeitig zum großen Schlag gegen antifaschistische und linke Strukturen aus. Dies gipfelte in mehreren Hausdurchsuchungen in verschiedenen Bundesländern, Haftstrafen bzw. Untersuchungshaft für mehrere Aktivist*innen und Räumungen verschiedener linker Häuser. Dabei wurde die Repression gegen linke Strukturen, wie so oft, mit dem „Ermittlungsparagraphen“ §129a begründet.

Der Fall Lina in Leipzig

Am 05.11.2020 führte die Generalbundesanwaltschaft einen Einsatz gegen mehrere Antifaschist*innen in Leipzig durch, u.a.: mit einem Haftbefehl gegen die Antifaschistin Lina. Ihr und den anderen Beschuldigten wird vorgeworfen an mehreren Angriffen auf Faschisten beteiligt gewesen zu sein, beziehungsweise Selbige geplant und vorbereitet zu haben. Ergänzt wird das Ganze durch den obligatorischen Vorwurf, eine kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB gegründet zu haben, deren Ziel es sein soll “Angriffe gegen Personen der Rechten Szene durchzuführen”. Am 06.11 bestätigte der Bundesgerichtshof den Haftbefehl gegen Lina. In einer Pressemitteilung bezichtigt der Generalbundesanwalt sie der „taktischen Kommandoführung“ sowie eine “herausgehobenen Stellung” innerhalb jener Vereinigung eingenommen zu haben.

Dass es sich bei der vorläufig Inhaftierten um eine Frau handelte, führte schließlich dazu, dass sich die mediale Berichterstattung vornehmlich auf die Farbe der Fingernägel, die Länge des Rockes und die Körperfigur konzentrierte. Durch diese Konzentration auf weiblich-zugeschriebene Attribute wird das Bild der “weiblichen Unschuld” gezeichnet, das im Kontrast zum männlich konnotierten Vorwurf zu einem sexistischen Konstrukt der weiblichen Gewalttäterin wird. Ausführliche Informationen findet ihr auf dem Soliblog „Freiheit für Lina„.

Jo und Dy in Stuttgart

Am 2. Juli 2020 wurden in mehreren baden-württembergischen Städten, darunter Karlsruhe, Ludwigsburg, Tübingen und Stuttgart, insgesamt neun Wohnungen von Antifaschist*innen durchsucht. Bei allen Betroffenen wurde im Anschluss an die Durchsuchung eine DNA-Entnahme, teilweise unter Zwang, vorgenommen. Der Antifaschist Jo sitzt seitdem in Untersuchungshaft in Stuttgart-Stammheim. Am 4. November 2020 kam es zu einer weiteren Verhaftung – nun sitzt auch der Antifaschist Dy in Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft. Hintergrund soll eine Auseinandersetzung zwischen Nazis und Antifaschist*innen am Rande der „Querdenken 711“-Demo am 16. Mai 2020 gewesen sein. Allen im Juli Durchsuchten und auch dem im November Festgenommenen wird vorgeworfen an diesem Tag an einem Angriff auf den Treffpunkt der faschistischen Scheingewerkschaft „Zentrum Automobil“ beteiligt gewesen zu sein. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung wurden mehrere Nazis verletzt, einer von ihnen schwer. Die Polizei ermittelt seitdem mit der eigens eingerichteten Ermittlungsgruppe „Arena“ wegen Landfriedensbruch und versuchtem Totschlag gegen die antifaschistische Bewegung. Im Vorfeld aber auch im Nachgang der Hausdurchsuchungen kam es zu polizeilichen Anquatschversuchen, offenen Observationen und staatsanwaltschaftlichen Zeug*innenvorladungen. Was die Polizei gerne in diesem Fall verschweigt, ist das der „schwerverletzte“ Nazi mit Schlagring bewaffnet versuchte Antifaschist*innen anzugreifen! Aktuelle Berichte und Information zu dem Fall gibt es hier: „Freiheit für Jo„.

Rondenbarg-Prozess

Am Morgen des 7. Juli 2017 waren tausende Aktivist*innen unterwegs, um gegen den G20-Gipfel in Hamburg zu demonstrieren und ihn zu blockieren. Auch eine Gruppe von rund 200 Personen zog am frühen Morgen von einem Camp im Altonaer Volkspark los. Im Rondenbarg, einer Straße in einem Gewerbegebiet in Hamburg-Bahrenfeld, wurde sie gegen 06:30 Uhr ohne Vorwarnung von der für ihre Gewalttätigkeit bekannten Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFE) Blumberg (siehe Pressespiegel) angegriffen und brutal zusammengeprügelt. 14 Aktivist*innen wurden teilweise schwer verletzt und zogen sich z.b. offene Knochenbrüche zu, als sie von der Polizei zu einem Geländer gedrängt wurden, dass dabei zusammenbrach und dazu führte, dass Aktivist*innen auf den mehrere Meter tiefer liegenden Parkplatz stürzten. 58 Personen wurden noch an Ort und Stelle festgenommen, 12 von ihnen wurden sogar – teilweise über Wochen und Monate – in Untersuchungshaft genommen.

[…]

Mittlerweile sind über 85 Aktivist*innen von der Staatsanwaltschaft Hamburg im sogenannten „Rondenbarg-Komplex“ angeklagt. Ihnen wird gemeinschaftlicher schwerer Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt*innen, Sachbeschädigung und Bildung bewaffneter Gruppen vorgeworfen.

Das Verfahren bedeutet nicht nur eine Kriminalisierung der G20-Proteste, sondern hat für die gesamte politische Bewegung erhebliche Bedeutung. Denn den Angeklagten werden gar keine individuellen Straftaten vorgeworfen. Nach dem Konstrukt der Staatsanwaltschaft soll allein die Anwesenheit der Beschuldigten vor Ort genügen, um ein gemeinsames Tathandeln zu unterstellen und eine Verurteilung wegen Landfriedensbruch (§ 125 StGB) zu rechtfertigen. Die Staatsanwaltschaft macht sich dabei ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Mai 2017 zu eigen, in dem der BGH im Fall einer Hooligan-Schlägerei geurteilt hatte, dass es für den Straftatbestand des Landfriedensbruchs nicht zu einer eigenen Beteiligung oder (psychischen) Beihilfe – was eigentlich die Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist – kommen muss, sondern dass das so genannte „ostentative Mitmarschieren“ bereits ausreiche. Falls sich diese Rechtsauffassung auch für den Bereich der Versammlungen durchsetzen sollte, wäre künftig jede Teilnahme an einer Demonstration mit enormen Kriminalisierungsrisiken verbunden. Straftaten Einzelner könnten so allen vor Ort befindlichen Personen zugeschrieben werden.

Die komplette Beschreibung des Falls findet ihr hier.

Solidarität ist eine Waffe! – Unterstützt die Gefangenen!

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